Grundsatz zur Sicherung der städtebaulichen Qualität in Radebeul

Sanierungsgebiet West
Meißner Straße
Schillerschule alt und neu

Grundsatzpapier zur Sicherung der städtebaulichen Qualität in Radebeul

Radebeul ist bekannt für seinen hohen baukulturellen Wert und besitzt, auch dadurch bedingt, ein hohes Maß an Aufenthalts- und Lebensqualität. Dies liegt jedoch nicht nur an einzelnen Gebäuden, einzelnen Straßen- und Grundstücksstrukturen, einzelnen überregional bekannten Sehenswürdigkeiten oder einzelnen landschaftsräumlich besonderen Gegebenheiten. Vielmehr ist es die Gesamtheit, das Zusammenwirken all dieser Stadtbausteine, die Radebeul zu dem Ort von hoher Lebensqualität machen, den wir heute kennen und von dem wir ALLE profitieren.
Städte sind nichts Starres. Sie unterliegen einem fortlaufenden Entwicklungs- und Veränderungsprozess, was für ein erfolgreiches Weiterbestehen aber auch von hoher Bedeutung ist. Umso wichtiger ist es, die Qualitäten eines Ortes zu erkennen, behutsam weiter zu entwickeln und in diesem Sinne auch mal Neues zuzulassen. Dies ist keine neue Erkenntnis, sondern führte im positiven Sinne schon zu dem heute so beliebten historischen und durch seine Vielfalt gekennzeichneten Stadtbild von Radebeul.
Steigende Bodenpreise, öffentliche Debatten zum Thema Wohnungsbau und Wohnbaudruck, sich verändernde Planungsinstrumente und Rechtsgrundlagen zu Förderung und Vereinfachung von Wohnungsbau dürfen nicht dazu führen, dass Qualität gegen Quantität ausgespielt wird. Es gilt für die nächsten Jahre, den baukulturellen Anspruch auf das gesamte Stadtgebiet auszuweiten. Das Stadtbild zu pflegen heißt, bei künftigen Bauaufgaben das Bewusstsein aller beteiligten Akteure für deren hohe Verantwortung bei der Mitgestaltung von Radebeul zu schärfen. Jedes Vorhaben gestaltet nicht nur ein einzelnes Grundstück, sondern ist ein Baustein im gesamtstädtischen Kontext und wird diesen für Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte mit prägen. Positiv als auch Negativ. Kurz gesagt: Jeder, der in Radebeul baut, baut auch ein Stück Radebeul, profitiert von Radebeul (werthaltiges Grundstück, hohe Lebensqualität) und hat daher ebenso eine gesamtstädtische Verantwortung. Aber es gilt genauso: Jeder der in Radebeul ein Grundstück verkauft, verkauft auch ein Stück Radebeul, profitiert von Radebeul (hohe Verkaufspreise aufgrund des guten Rufs und der vorhandenen baukulturellen Qualität in Radebeul) und hat dadurch ebenso eine Verantwortung für die gesamtstädtische Entwicklung.

 

Die besondere stadtgeschichtliche Entwicklung von Radebeul, die für das heute prägende Stadtbild von ganz entscheidender Rolle war, sorgt gleichzeitig für eine nur sehr begrenzt funktionierende Anwendbarkeit der starren Bauleitplanung. Ein Bebauungsplan auf der „grünen Wiese“, welcher Baurecht neu schafft, mag viele Dinge regeln können. Die in jüngster Zeit vorgetragene Kritik richtete sich jedoch gegen realisierte oder in Realisierung befindliche Projekte, welche sich im Rahmen des bestehenden Baurechtes bewegten und auch mittels eines Bebauungsplanes kaum beeinflusst werden konnten.
Mit den städtebaulichen Leitlinien möchten wir jedoch die lebhaft geführten Diskussionen über die Baukultur in Radebeul aufgreifen und versuchen, einen neuen Ansatz zu etablieren und die förmliche Bauleitplanung erst zu einem Instrument des „zweiten Schrittes“ zu machen. 
Ziel der städtebaulichen Leitlinien ist es, das Thema Qualität im Städtebau und die damit zusammenhängende Verantwortung stärker im Bewusstsein aller am Bauen Beteiligten zu verankern und fachliche sowie baurechtlich umsetzbare Positionen und gewisse erwartbare Standards herauszustellen und so auf einen zielführenden Dialog im „ersten Schritt“ zu setzen. Wir werden nur erfolgreich sein, wenn es zwischen den Beteiligten ein gewisses Grundverständnis zu Qualität im Städtebau und dem Ort Radebeul gibt. Ziel ist es, ein gewisses Maß an Gestaltqualität und ein verträgliches Maß an Dichte zu fordern ohne dabei rechtliche Grenzen zu überschreiten.

Existiert für ein Vorhabengrundstück noch keine rechtsverbindliche Bauleitplanung, sind neben den Belangen des § 34 BauGB folgende städtebauliche Leitlinien zu prüfen (keine Allgemeingültigkeit, Prüfung am konkreten Grundstück) und die am Bauen Beteiligten entsprechend zu beraten bzw. zu sensibilisieren:

  • Erhaltenswerte Grünstrukturen (den öffentlichen Raum prägende Grünstrukturen in privaten Vorgartenbereichen, Großgrün etc.) sind vorrangig zu berücksichtigen und zu erhalten.
  • Der Neubau von Wohnungen sowie Nebenanlagen und die damit verbundene Flächeninanspruchnahme müssen mit der Erhaltung der
    wertvollen Freiräume innerhalb des jeweiligen Grundstückes vereinbar sein, der prägenden Grünstruktur sollte Vorrang gewährt werden.
  • Die Eröffnung einer zweiten oder dritten Baureihe ist grundsätzlich kein Entwicklungsziel und wird kritisch hinterfragt.
  • Das Verhältnis von versiegelter und unversiegelter Grundstücksfläche muss ausgewogen sein und sich an der näheren Umgebung orientieren.
  • Die Anzahl der Wohnungen ist unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf Baudichte, Versiegelungen, Anzahl der Nebenanlagen sowie auf den ruhenden und fließenden Verkehr zu beachten und muss sich ebenso in die nähere Umgebung einfügen
  • Die prägende Baustruktur ist eine straßenbegleitende Bebauung mit untergeordneten Nebenanlagen im rückwärtigen Grundstücksbereich
  • „Ausreißer“ im umliegenden Stadtraum bilden nicht den Maßstab für das Maß der baulichen Nutzung. Grundfläche, Trauf- und Firsthöhen bzw. Gebäudehöhen einschließlich Dachraum oder Staffelgeschosse müssen sich an der prägenden „Gebäudemehrheit“ orientieren. Vorhandene Straßenfluchten sind aufzunehmen.
  • Die Bauweise sowie die überbaubare Grundstücksfläche haben sich ebenfalls am umliegenden Bestand zu orientieren.
  • Die Fassaden- bzw. Gebäudegestaltung soll unter Berücksichtigung des direkten Umfeldes und in Einklang mit der Wertigkeit des angrenzenden Stadtraumes entwickelt werden.  
  • Qualität im Städtebau bedeutet nicht, auf wirtschaftliche Lösungen zu verzichten. Gut proportionierte Fassaden sowie gliedernde Elemente fördern die Akzeptanz. Mehrkosten für höherwertige Fassadenmaterialien relativieren sich häufig durch längere Haltbarkeit sowie oft geringere Instandhaltungskosten. Diese Möglichkeiten sollen bei dafür geeigneten Grundstücken mit geprüft und besprochen werden.  
  • Balkone sind gerade bei Mehrfamilienhäusern wichtige Bestandteile der Wohneinheiten. Diese sollen aber im Gesamtentwurf als untergeordnetes Bauteil integriert und nicht wie nachträglich aufgeständerte Fremdkörper wirken und zu den Proportionen des Hauses passen.

Ziel ist es, eine zufriedenstellende und vor allem gemeinsame Lösung mit Antragstellern zu finden. Die städtebaulichen Leitlinien sollen kein „Neues Bauen“ verhindern, sondern die Baukultur beflügeln und ein gewisses Maß an städtebaulicher Qualität sichern. Sollte ein Dialog mit den Beteiligten nicht möglich sein und die rein wirtschaftlichen Interessen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung Radebeuls entgegen stehen, wird in einem zweiten Schritt die Notwendigkeit einer Bauleitplanung geprüft und bei Bestehen eines Planungserfordernisses entsprechend gehandelt.

Kontakt

Stadtentwicklungsamt
Amtsleitung: Herr Menger
Pestalozzistraße 8
01445 Radebeul
0351 8311-949