100 Jahre Stadtrecht Kötzschenbroda

Ortseingangsschild
Technisches Rathaus

100 Jahre Stadtrecht Kötzschenbroda

Kötzschenbroda war von alters her das größte Dorf der Lößnitz und hatte schon im 13. Jahrhundert eine Kirche. In den Ortsrügen, die die Rechte der Gemeinde festschrieben, ist seit dem ­Mittelalter bis ins frühe 19. Jahrhundert stets davon die Rede, Kötzschenbroda sei von den Landesherrn „mit Stadt Rechte begnadet“, und auch offizielle Dokumente sprechen im 16. Jahrhundert von Kötzschenbroda als einem „Stedtlein“. Während dem Ort die höhere Gerichtsbarkeit „über Hals und über Bauch“ in der Frühen Neuzeit wieder abhanden kam und gewählte „Ratsherren“ letztmalig Anfang des 17. Jahrhundert erwähnt werden, untermauerten die verbliebenen städtischen Befugnisse Kötzschenbrodas Rolle als Hauptort der Lößnitz. Dazu gehörten die Marktgerechtigkeit (Wochenmarkt und drei Jahrmärkte), die Braugerechtigkeit in den beiden Schenken sowie das Recht zur Niederlassung von Handwerkern, Kaufleuten und bereits im 18. Jahrhundert auch eines Apothekers. 

Bekanntestes Erzeugnis des Marktfleckens, der seit dem am 27. August 1645 im hiesigen Pfarrhaus unterzeichneten Waffenstillstandsvertrag zwischen Sachsen und Schweden im 30-jährigen Krieg auch einen Platz in der Geschichte beanspruchen konnte, blieb lange der hier angebaute Wein. Aus handwerklichen Wurzeln entstanden dann seit den 1820er Jahren erste kleinere Fabriken zunächst zur Tonwaren- und Werkzeugproduktion und Tabakverarbeitung. Die Anbindung an den Dampfschiffverkehr und die die Ortsflur durchschneidende erste deutsche Ferneisenbahnlinie zwischen Dresden und Leipzig schufen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wichtige Voraussetzungen für die weitere Entwicklung der Landgemeine sowohl als Gewerbestandort wie als Ziel des Fremdenverkehrs. Zur gleichen Zeit setzte nördlich der Eisenbahn auf ehemaligen, wegen mangelnder Rentabilität und später wegen der Reblausplage aufgegebenen Weinbergen die Erschließung und der Bau großzügiger Villenquartiere ein. 
Zwischen 1850 und 1900 vervierfachte sich die Einwohnerzahl Kötzschenbrodas auf über 6.000, und die unmittelbar angrenzende, 1839 auf der ehemals Kötzschenbrodaer Weinbergsflur entstandene neue Gemeinde Niederlößnitz wuchs im gleichen Zeitraum sogar noch schneller von ca. 650 auf reichlich 4.300 Einwohner an. Zusammen gaben beide Orte, wie es 1912 in einem Reiseführer heißt, das Bild „eines kleinen netten Sachsenstädtchens“ ab, das alle städtischen Annehmlichkeiten mit dem Zauber der landschaftlichen Reize seiner Umgebung verbinde. Seit 1899 bestand überdies eine Straßenbahnverbindung mit Dresden, und 1910 war Kötzschenbroda auch Sitz eines neu eingerichteten Amtsgerichtsbezirks geworden.
Scheiterten Bestrebungen zur Vereinigung von Kötzschenbroda und Niederlößnitz beziehungsweise aller Lößnitzgemeinden seit Mitte des 19. Jahrhunderts zunächst regelmäßig an Unterschieden in der Wirtschafts- und Sozialstruktur und den sich daraus ergebenden Interessengegensätzen, setzte in den wirtschaftlich schwierigen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg ein Umdenken ein. Nachdem das benachbarte Lindenau schon Anfang 1920 nach Kötzschenbroda eingemeindet worden war, einigten sich Vertreter von Kötzschenbroda, Niederlößnitz, Naundorf und Zitzschewig im Frühjahr 1923 darauf, eine Vereinigung der westlichen Lößnitzgemeinden in die Wege zu leiten, die nach Zustimmung durch die Gemeinderäte am 1. Oktober 1923 unter dem ­Namen Kötzschenbroda erfolgte. 
Da die neue Großgemeinde rund 17.000 Einwohner zählte, war die Beantragung des Stadtrechts eine logische Konsequenz. Repräsentiert wurde die neue Stadt durch die bisherigen Gemeindevorstände von Niederlößnitz und Naundorf, Oswald Hans und Selmar Prasse, als 1. und 2. Bürgermeister. Das neue Stadtwappen griff die fast identisch gestalteten alten Gemeindesiegel von Kötzschenbroda und Niederlößnitz auf und zeigte eine grüne Traube auf goldenem Schild. 

Rathaus Niederlößnitz