Max Brösel

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Max Brösel

Kulturelles Multitalent, Freimaurer und Vorsitzender des Kunstvereins für die Lößnitzortschaften - Zum 65. Todestag

Der Sächsische Kurfürst Friedrich August III. bestimmte 1784, dass die Postverbindung zwischen Dresden und Radebeul nicht mehr über das häufig vom Elbestrom überflutete Serkowitz zu führen habe, sondern über die höher gelegene, heutige Meißner Straße. Weil der Serkowitzer Gasthof jetzt einen erheblichen Teil seiner Besucher einbüßte, bat der damalige Wirt, einen Straßengasthof an der neuen Trasse errichten zu dürfen. Die Erlaubnis markierte den Baustart für das "Weiße Roß", das den hungrigen und durstigen Neuankömmlingen, ob auf zwei Beinen oder auf vieren, als Fuhrmannsrastplatz, Pferdestallung, Poststation und Gasthaus diente. Diese bildhafte Szenerie hat der Kunstmaler Max Brösel auf einer seiner zahlreichen bekannten Postkarten detailgetreu eingefangen und so für die Nachwelt festgehalten.


Geboren wurde Max Brösel am 06. Juni 1871 in Dresden, wo er seine Kindheit und Schulzeit verbrachte sowie ein Studium an der renommierten Kunstakademie durchlief. Für eine besonders gelungene Aktzeichnung erhielt er als Auszeichnung ein Stipendium in einem Pariser Atelier. Nach erfolgreicher Beendigung der ästhetischen Ausbildung wurde ihm sogleich die Ehre zuteil, als junger Künstler den Vorhang der Bühne des Dresdner Varietétheaters "Victoria-Salon" zu gestalten. Dieser Auftrag barg für ihn nicht nur beruflich eine große Bedeutung, denn sein offenkundiges Talent und damit die Aussicht eine Familie ernähren zu können, ließen den Dresdner Verleger Carl Reißner vom Widerwillen abweichen, ihm die Hand seiner Tochter Elsa anzuvertrauen.

Das junge Brautpaar bezog eine kleine Stadtwohnung, doch schon bald übersiedelte die inzwischen 4-köpfige Familie nach Radebeul, wo sich bereits eine Schicht ausgewählter Künstler und Literaten niedergelassen hatte. Diese feinsinnige Gesellschaft ermöglichte Max Brösel so manchen Auftrag als Porträtist. Auch kolorierte Zeichnungen, Titelblätter für Kinderkalender, Postkartenillustrationen, Umschlaggestaltungen und andere malerische Tätigkeiten sicherten den Broterwerb. Doch wirtschaftliche Kriegsnöte machten letztendlich auch vor Familie Brösel nicht Halt, sodass er einen Auftrag als Zeichenlehrer annahm, und sowohl Privatunterricht gab als auch an Radebeuler Schulen lehrte.
Nach Kriegsende folgte er einer Einladung in die Schweiz. Seine vielfältigen Anregungen und Natureindrücke, die er während dieser Reise gewann, verewigte er in einer Reihe von Landschaftsbildern. Später wird sich seine Tochter Lotte erinnern, bei diversen Ausstellungen seine Arbeiten bewundert zu haben. Doch akute Geldsorgen bewogen ihn nach der Rückkehr eine Stelle als Reklamegestalter anzunehmen, welche ihn zwar keineswegs erfüllte, aber seiner Familie das Überleben sicherte. Nebenher illustrierte er nicht nur Kinder- und Märchenbücher, er schuf selbst einige Fabelgeschichten, wie beispielsweise "Das Märchen vom Apfel, der übers Meer flog". Da er sich stets viel mit seinen Sprösslingen beschäftigt hatte, lernte er die kindliche Lebenswelt aus deren Sicht kennen. Auch handwerklich begabt, machte er den Seinen eine Freude, entwickelte und baute phantasievolles, großes und kleines Kinderspielzeug.

Die Radebeuler Künstlerriege, inzwischen hatten sich viele verschiedene Kunstrichtungen und Kulturschaffende etabliert, gründete im Jahr 1907 unter Leitung des Landschaftsmalers Hermann Eduard Mangelsdorf den Kunstverein für die Lößnitzortschaften. Die damalige Kötzschenbrodaer Tageszeitung lässt seine Leser wissen, dass dieser nicht nur ein simpler Gesellschaftsverband von Künstlern darstellen sollte, sondern vielmehr eine Patronatsgemeinschaft, welche die bildenden Künste in der Lößnitz mittels moralischer und materieller Zuwendung unterstützen, beleben und bereichern sollte. Von den anfänglich mehr als 50 Mitgliedern, darunter auch Frauen, waren zunächst nur sehr wenige aktive Kunstschaffende. Die Weiterbildung des ästhetischen Kunstverständnisses sollte vorangetrieben werden, ebenso berechtigte die Mitgliedschaft zum kostenlosen Besuch der regelmäßigen Ausstellungen. Am Jahresende wurden unter den Beteiligten verschiedene Kunstwerke verlost. Nach 5-monatigem Bestehen war die Vereinsordnung ausgearbeitet und die Mitgliedskarte gestaltet. Das Motiv kam von Max Brösel:"ein kleiner Faun schleppte mit Aufbietung aller Kräfte eine gefüllte Gießkanne über eine Wiese, um den eben gepflanzten Baum der Kunst zu begießen." Inzwischen gehörte er auch den Freimaurern an. Schließlich bekrönte der langjährige Vorsitz des Vereines das Lebenswerk des Künstlers. Wer sich einige Werke des Max Brösel anschauen möchte, möge der Stadtgalerie einen Besuch abstatten, denn im Zuge der Jubiläumsausstellung werden u.a. Aquarelle und Zeichnungen dieses kunstgerechten Universaltalents gezeigt.

Maren Gündel, Stadtarchiv

Quellen: Kötzschenbrodaer Generalanzeiger vom 09. Mai 1907; Stadtarchiv Radebeul, Sammlung 16-12.

Erschienen in: Amtsblatt Radebeul im Oktober 2012